
Wärme anstatt Strom zu speichern ist von der Solarthermie her ein bekanntes Konzept. Nun haben findige Finnen einen Sandspeicher entwickelt, der weitaus höhere Temperaturen speichern kann, als ein Wasserspeicher. Der Langnauer Pensionär Rober Hofer hat bei sich zu Hause im Selbstbau einen solchen Speicher nachgebaut und sieht diverse Vorteile. Die Fachwelt hingegen ist in ersten Reaktionen gegenüber der Idee dieses Speichers kritisch. Hofer hofft, dass bei der Weiterentwicklung der Idee dennoch Forschende beteiligen.
Text: Beat Kohler
Die Speicherung von Energie wird aktuell fast drängender diskutiert als die Produktion von Energie. Denn mit der Umstellung des Energiesystems auf erneuerbare Energien nehmen die Schwankungen in der Produktion zu. Das ist vor allem für die Stromnetze eine Herausforderung, weil dort Produktion und Verbrauch übereinstimmen müssen. Es wird also Verwendungszwecke für die Produktionsspitzen brauchen, wenn diese nicht abgeregelt werden sollen, damit die Netze nicht überfordert werden. Das hat sich auch der Langnauer Robert Hofer gedacht und ist dabei auf eine Technologie gestossen, die in Finnland bereits erfolgreich eingesetzt wird – die sogenannte Sandbatterie. Sie ist aber kein Stromspeicher, sondern ein Wärmespeicher, der mit Sand gefüllt ist.
Einfach und unempfindlich
Der Sand in diesem Speicher wird mit Hilfe von überschüssigem Strom in einer elektrischen Widerstandsheizung auf Temperaturen von bis zu 600 bis1000 °C erhitzt. Diese Wärme kann bei Bedarf entzogen werden. Obwohl Wasser eine weitaus grössere spezifische Wärmekapazität hat, bietet der Sand andere Vorteile. Im Gegensatz zu Wasser, das bei 100 °C unter Normaldruck verdampft, kann Sand problemlos mehrere Hundert Grad heiss werden und behält seine Form und Struktur. Bei hohen Temperaturen ist dadurch die Energiedichte beim Sand um ein Vielfaches höher. Zudem ist Sand ein schlechter Wärmeleiter. Ist der Speicher also genügend gross, dringt weniger Wärme in die äusseren Bereiche des Speicherbehälters. Je grösser der Sandspeicher, desto geringer ist der relative Wärmeverlust über die Oberfläche. Das verringert die Notwendigkeit einer zusätzlichen Isolation. Gleichzeitig kann die Wärme lange gespeichert werden. Die Wärme kann bei Bedarf über einen Wärmetauscher wieder entnommen und für Fernwärmenetze oder die Gebäudeheizung eingesetzt werden.
Ein grosser Vorteil der Sandspeicher gegenüber elektrischen Batterien ist ihre Robustheit und Langlebigkeit. Sand ist ein günstiges, nahezu überall verfügbares Material, das nicht korrodiert und keine besonderen Ansprüche an die Lagerung stellt. Sandspeicher benötigen keine seltenen oder teuren Rohstoffe und können auch über längere Zeiträume ohne Wartung betrieben werden. Anders als Lithium-Ionen-Batterien, die nach und nach Speicherkapazität verlieren, kann der Sandspeicher immer wieder aufgeladen werden. Robert Hofer ist überzeugt, dass die Sandbatterie nicht nur bei grosstechnischen Anlagen für Fernwärmenetze Vorteile hat, sondern auch bei kleineren Anwendungen im privaten Bereich, beispielsweise als Ergänzung bestehender Heizsysteme. Genau eine solche Ergänzung hat er sich in einem Prototypen selber gebaut. Was er dazu nebst den PV-Modulen zur Stromerzeugung brauchte war ein isoliertes Ölfass, Widerstandsdraht und Sand. «Um das Fass herum habe ich das Edelmetall-Wellrohr gewickelt, welches in den Wasserkreislauf meines Hauses integriert ist. Dadurch wird das Wasser, bevor es in den Elektroboiler kommt, durch die Sandbatterie geleitet und vorgewärmt», erklärt Hofer die Funktionsweise seines Prototyps.
In Finnland im Einsatz
In kommerziellen Anlagen, wie sie beispielsweise in Finnland bereits im Einsatz sind, werden grosse Silos mit vielen Tonnen Sand befüllt. Der Speicher in Pornainen, Südfinnland, wird die grösste «Sandbatterie» der Welt sein, wenn sie dieses Jahr in Betrieb geht. Mit einer Leistung von 1 MW und einer Speicherkapazität von 100 MWh soll sie die primäre Wärmequelle für das Fernwärmenetz von Pornainen sein, wo gut 5000 Menschen leben. Entstanden ist die Idee der Firma Polar Night Energy aus der Not, wegen der Unsicherheiten der Gaslieferungen aus Russland. Ein erster Prototyp entstand 2022 in der Stadt Kankaanpää mit 100 Tonnen Sand. Das Start-up-Unternehmen hat ausserdem bereits eine Pilotanlage an das Fernwärmenetz der Stadt Tampere angeschlossen. Doch können solche Anlagen auch in kleinerem Format funktionieren? Für Robert Hofer ist das eine Frage, welche Schweizer Fachhochschulen und Universitäten nun beantworten könnten. Er hat bereits verschiedene angeschrieben. Fast einhellig verweisen die Antworten darauf, dass Hochtemperaturanwendungen für Gebäudeheizungen nicht geeignet seien. Das Bundesamt für Energie verweist zudem auf die mit Wasser vergleichsweise geringe spezifische Wärmekapazität. Zudem sei Wasser günstiger und besser verfügbar als Sand, was es als Speichermedium ungeeignet mache. Es sei «vollkommen unrealistisch» mit Sand als Wärmeträger für die Speicherung bei grossem Wärmebedarf einzusetzen. Auch bei der Hochschule Luzern sieht man keine sinnvollen Anwendungsgebiete für eine Sandbatterie. Tobias Schmidt, Professor für Energie- und Technologiepolitik an der ETH, sieht das Potenzial zur Wärmespeicherung von Sand vor allem bei der Prozesswärme in der Industrie. «Hier kann der Wärmespeicher mit günstigem Strom erhitzt werden und so Strompreisschwankungen ausgleichen», erklärte Schmidt gegenüber der Schweizerischen Energie-Stiftung SES . Eine saisonale Speicherung mit derart hohen Temperaturen sei extrem teuer – gerade mit Blick aufs Wohnen, wo so hohe Temperaturen gar nicht benötigt würden.
Weitermachen trotz Ernüchterung
Von den Antworten ist Hofer ernüchtert, zumal im hohen Norden die Technologie bereits zur Anwendung kommt. Für den gelernten Radioelektriker bleiben die Vorteile des Sandspeichers überzeugend: «Immer wenn die Panels Strom liefern, wird der Sand weiter aufgeheizt. Das geschieht kumulativ, also wird der Speicher immer heisser, jedes Watt landet direkt im Sand!», so Hofer. Dies im Gegensatz von üblichen Solarthermie-Anlagen, welche den Wasserspeicher lediglich auf gut 90 °C erwärmen können. Eine Solarthermieanlage mit PV-Modulen, welche die Energie ohne Wechselrichter direkt in den Sand transferieren wären mit dem kumulativen Ansatz flexibler und würde in keinem Moment das Netz belasten. «Das beruht auf Physik und ist kein Hirngespinst», so Hofer. Ihm ist bewusst, dass sein Prototyp nicht für die saisonale Speicherung geeignet ist. Dafür brauche es grössere Mengen Sand. Die Ideale Grösse eines Speichers für die jeweilige Anwendung zu ermittelt, sieht er als Herausforderung für angehende Forschende. «Da das Grundprinzip so einfach ist, solche Lowtech-Speicher könnten auch gut von lokalen KMU installiert werden», ist Hofer überzeugt. Mineralische Materialien, mit denen sich die Speicher befüllen lassen, gäbe es in der Schweiz genug. Selbst recycelter Bauschutt, der heute teuer deponiert werden muss, kann als Speichermedium dienen. Bereits anerkannt sind sogenannte Geospeicher, welche das Erdreich aufwärmen um im Winter wieder Energie entziehen zu können. Energie Wasser Bern treibt ein entsprechendes Pilotprojekt bei der Energiezentrale Forsthaus voran. Wenn Sandstein für die Saisonale Wärmespeicherung interessant ist, könnte es auch Sand sein. Damit lassen sich der Strom- und Wärmesektor koppeln und Lastspitzen im Netz brechen. Hofer hat als Selbstbauer eines solchen Speichers viele Reaktionen erhalten und lässt sich auf jeden Fall nicht entmutigen. Zusammen mit einem Kollegen will er einen grösseren Speicher realisieren und seineErfahrung nach der nächsten Heizperiode teilen.