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PV an der Fassade macht Bürogebäuden grüner

Gebäudeintegrierte Photovoltaik: CIGS-Dünnschichtmodule an der Fassade des ZSW-Institutsgebäudes in Stuttgart. Foto: ZSW

Büro- und Verwaltungsgebäude haben meist einen recht hohen Stromverbrauch. In welchem Ausmass die Nutzung von Photovoltaik an der Fassade und auf dem Dach den Verbrauch nachhaltiger gestalten kann, zeigen aktuelle Ergebnisse des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW).

Pressedienst/Redaktion

Büro- und Verwaltungsgebäude brauchen viel Strom für Beleuchtung, Lüftung und Klimatisierung, aber auch für die verwendeten Elektrogeräte. Dieser Energiebedarf muss klimafreundlich gedeckt werden. Strom aus PV-Anlagen bietet sich daher an. Doch noch nutzen zu wenige Eigentümer von Nichtwohngebäuden diese Art der CO2-freien Stromversorgung und wenn, dann meist ausschließlich als Dachinstallation.

Kombination Solarfassade und Dachanlage lohnt sich

Die Integration zusätzlicher Solarmodule in die Gebäudehülle lohnt sich, denn mit zunehmender Gebäudehöhe steigt die Fläche der Fassade stetig an, während die Dachfläche konstant bleibt. Über die Stromerzeugung hinaus ermöglichen PV-Fassaden den Schutz vor Wind und Wetter. Außerdem bieten sie Verschattung, reduzieren Wärmeverluste und ersetzen konventionelle Bauteile, wie die Forscher des ZSW schreiben. Eine schallisolierende Wirkung haben sie auch.Eine gute Wirtschaftlichkeit ist immer dann gegeben, wenn bereits bei der Planung von neuen Gebäuden eine Solarfassade berücksichtigt wird. Der finanzielle Zusatzaufwand kann dann bereits nach zehn Jahren abbezahlt sein, danach macht die Fassadenanlage Gewinn.

Eigenversorgung von 29 %

Welchen Anteil am Strombedarf eines Bürogebäudes Photovoltaikmodule an der Fassade und auf dem Dach decken können, haben die Forschenden am ZSW anhand eines Modells mit realen Erzeugungs- und Verbrauchsdaten ausgerechnet: Zuerst ermittelten sie am eigenen Institutsgebäude in Stuttgart die Solarstromerzeugung der CIGS-Dünnschichtsolarmodule an der Südost- und der Südwest-Fassade sowie die der Anlage auf dem Dach.

In einem zweiten Schritt rechneten die Forscher die Erzeugungsdaten am Institut auf einen typischen fünfstöckigen Verwaltungsbau hoch. Ihre Annahme: Ein Viertel der Gesamtfassade und 30 Prozent der Dachfläche sind mit Photovoltaik belegt, was im Beispiel zu einer installierten Leistung von 131 kW führt. Die Solarmodule erzeugen dann zusammen rund 115 000 kWh Strom im Jahr gegenüber 170 000 kWh Strombedarf. Der Bedarf ergibt sich aus Messdaten des Landes BW für Verwaltungsgebäude.

Die Ergebnisse der Berechnungen zeigen, dass Bürogebäude ihren Strombedarf zu einem guten Teil mit Solarstrom von der Fassade und dem Dach bestreiten können. «Allein die Fassaden lieferten über den Zeitraum von einem Jahr 29 % des verbrauchten Stroms»ˆ, erklärt Dieter Geyer, Projektleiter am ZSW. 80 % des erzeugten Solarstroms konnten hierfür genutzt werden, den Rest speisten die Solarmodule in das Stromnetz ein. «Die Kombination von Photovoltaik an der Fassade und auf dem Dach steigerte den Eigenversorgungsanteil sogar auf 39 %», so Geyer. 58 % des Solarstroms konnten dafür eingesetzt und so lokal verbraucht werden. Der Rest verbesserte den Ökostromanteil im Netz.

Solaranteil von 39 Prozent ohne Batterie möglich

Der hohe solare Anteil am Stromverbrauch ist ohne Batteriespeicher möglich. «Das liegt daran, dass Bürogebäude vor allem tagsüber Strom benötigen, der erzeugte Solarstrom daher den ganzen Tag über zu einem guten Teil sofort verbraucht werden kann», sagt Geyer. «Eine Speicherung des Stroms für einen späteren Verbrauchszeitpunkt ist daher nicht unbedingt nötig.» Dies wirkt sich positiv auf die Kosten des gesamten Photovoltaiksystems aus.

Hinzu kommt: Solarfassaden erzeugen bei geeigneter Ausrichtung wie im untersuchten Beispiel vor allem in den Morgen- und Abendstunden Strom, die Dachanlagen dagegen vor allem in den Mittagsstunden. So gibt es ein dauerhaft hohes Solarstromangebot in der stromverbrauchsintensiven Zeit zwischen 8 und 18 Uhr.

Auch über die Jahreszeiten hinweg passen Dach- und Fassadensolaranlagen gut zueinander und machen so die Stromversorgung von Bürogebäuden grüner: Während für die Dachanlage erwartungsgemäss die grössten Leistungswerte in den Sommermonaten auftreten, ergänzt die Photovoltaikfassade durch ihre höchste Leistungsabgabe während der Wintermonate das jährliche Erzeugungsprofil auf ideale Weise. Fassadenanlagen nutzen die tief stehende Sonne im Winter aufgrund ihrer vertikalen Ausrichtung besser als Dachanlagen.

PV an Fassade steht vor Aufschwung

Fazit: Solarfassaden und ihre Kombination mit Dachanlagen sind eine empfehlenswerte Möglichkeit, die Stromversorgung von Büro- und Verwaltungsgebäuden klimafreundlicher zu gestalten. Architekten und Gebäudeplaner werden daher die Fassadenphotovoltaikanlagen künftig verstärkt einsetzen, prognostizieren Fachleute und Wissenschaftler. Für die deutschen Hersteller von Photovoltaikmodulen und Produktionsanlagen eröffnet das eine Chance, einen Massenmarkt zu erschliessen. Künftig wird das ZSW an einer erheblichen Verlängerung der Nutzungsdauer von Photovoltaikfassaden forschen, um ihre Lebensdauer an die einer normalen Fassade anzupassen.