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Serie zur Tour de Sol Teil 4: Neuer Rennmodus und erstes Solarbootrennen

Die vierte Tour de Sol startete 1988 in Zürich an der OEKO-Umweltausstellung. Für die Etappen bis nach Etoy (VD) kam ein neuer Rennmodus zum Einsatz. Gefahren wurde analog zum Rallye-Sport mit kurzen Überführungsetappen und Zeitprüfungen. Im Rahmen der vierten Tour de Sol fand auf dem Neuenburgersee auch das erste Solarbootrennen der Welt statt.

Text: Urs Muntwyler / Redaktion

Bei der Finanzierung der Tour de Sol gab es für die Ausgabe 1988 eine grosse Änderung. Der ehemalige Hauptsponsor, die «Schweizer Illustrierte», setzte auf ein neues Konzept, das auf «People» beruhte, also auf Homestorys und anderen Geschichten von Berühmtheiten. Da war die Tour de Sol fehl am Platze. Die «Schweizer Illustrierte» sorgte aber für Ersatz in Form der SCHWEIZ Versicherung. Peter Baumann, zuständig für das Marketing bei der SCHWEIZ Versicherung, setzte sich in der Folge zusammen mit Dieter Weiss von Möbel Pfister engagiert für die Tour de Sol ein. Neben den Finanzen profitierte die Tour auch stark vom Marketing-Know-how dieser beiden Fachleute.
Die technische Tagung im Vorfeld der Tour de Sol fand 1988 in Solothurn, einem Etappenort der Tour de Sol 88, statt. Weit über 600 Teilnehmende besuchten die Veranstaltung, die im Solothurner Landhaus erstmals eine kleine Ausstellung bot.

Die Tour de Sol 88 wurde in einem neuen Rennmodus analog zu Rallyes gefahren. Es gab «Überführungszeiten», die man nicht unterbieten konnte. Am Ende der Etappen absolvierten die Teilnehmenden dann Zusatzrunden, bei denen sie Zeit­gutschriften herausfahren konnten. So wurde wieder die Energieeffizienz belohnt, und die gefährlichen Raserfahrten wurden – wenigstens teilweise – gebremst.

Von der OEKO 88 in Zürich nach Etoy

Der Start erfolgte auf der offenen Radrennbahn in Zürich im Rahmen der Umweltausstellung OEKO 88, organisiert durch Herrn Krummenacher, auf dem Züspa-Gelände. Damit startete die Tour de Sol im Gebiet des Hallenstadions Zürich. Und dort war der Tour-de-Suisse-Organisator Sepp Vögeli der Chef. Das war interessant für die Organisatoren der Tour de Sol, weil sie viel von der Tour de Suisse kopierten. Das war auch sinnvoll, denn der grösste Sponsor der Tour de Suisse war ebenfalls das Einrichtungshaus Möbel Pfister. So hat die Tour de Sol ihre Termine jeweils an die der Tour de Suisse angepasst. Dies weil das Werbematerial von Möbel Pfister nach der Tour de Suisse in Suhr geputzt werden musste, bevor es dann an die Tour de Sol ging.
Der Prolog der Tour de Sol 1988 fand auf dem Rundkurs der offenen Radrennbahn Zürich mit den ungewohnten Steilkurven statt. Von Zürich ging es über Uster, Emmen, Solothurn und Estavayer-le-Lac zum Zielort Etoy. Die Gesamtdistanz betrug 418 Kilometer. Das Wetter war sehr schlecht: Es regnete jeden Tag. Der neue Renn­modus der Tour de Sol 88 im Rallye-Stil bewährte sich. Dank der kürzeren Überführungsetappen mit vorgegebenen Fahrzeiten und der zusätzlichen Runden, auf denen Zeitgutschriften gefahren werden konnten, entfiel die gefährliche Ra­serei weitgehend. Damit war die Tour de Sol entsprechend gesetzeskonform. Als Schlüs­sel­stelle entpuppte sich das Bergzeitfahren von Solothurn auf den 1084 Meter hohen Balmberg am Mittwochabend. Als Solothurner hatte Urs Muntwyler diese bei der Tour de Suisse immer wieder gefahrene Strecke in das Programm aufgenommen. Für die wenigen Solar­mobile, die bereits rekuperieren konnten, wurde die Talfahrt zu einem entscheidenden Vorteil. So konnte das Rennsolar­mobil von Michael Trykowski von den 1200 Wh, die es für die Bergfahrt verbrauchte, 500 Wh bei der Talfahrt zurückgewinnen. Trykowski setzte einen der neuen Drehstromantriebe der Schweizer Firma RCB-Biral mit einem Wechselrichter der Firma Brusa ein.

101 Teilnehmende am Start

Von 101 Teilnehmenden stammten 79 aus der Schweiz, 14 aus Deutschland, 5 aus Frankreich, 2 aus den USA und 1 aus Grossbritannien. Vor dem Start mussten die Fahrzeuge die Abnahme der technischen Kommission, verstärkt durch Fachleute des Strassenverkehrsamtes der Kantone Zug und Zürich, passieren. Das schafften 82 Teilnehmende. Gestartet wurde in drei Kategorien:

  • Kategorie I (Patronat DOW Europe): 19 Rennsolarmobile am Start
  • Kategorie II (Patronat TCS): Seriensolarmobile, 41 gemeldet, aber nur 27 am Start
  • Kategorie III (Patronat VSE): Seriensolarmobile im Netzverbund, 37 gemeldet, 34 am Start

Bei den Rennsolarmobilen unter dem Patronat von DOW Europe mit einem gesamten Preisgeld von 12 000 Franken siegte Michael Trykowski. Er gewann auch das Nachtbergrennen mit einer Zeit von 16 Minuten 55 Sekunden. Die besten Velofahrer der Tour de Suisse benötigten für eine etwas kürzere Strecke 10 Minuten länger. Zum dritten Mal fuhr Erwin Hunger­bühler vom «Helios Solarteam» aus Wil auf den zweiten Platz vor Andreas Kruspan auf Platz drei.


Von den 41 gemeldeten Seriensolarmobilen bestanden nur 27 die technische Abnahme. Erstmals waren Zweiräder, also Motorräder, zugelassen. Zweisitzige Solarmobile konnten 50% mehr Solarleistung einsetzen und sollten einen Vorteil haben. Von Anfang an dominierte das Solarteam Höngg mit den Fahrern Diego Jaggi und Peter Eberhard. Zweiter wurde Peter Fehlmann, Polydent Lightning, mit einen frisierten Sinclair C5 vor Martin Neuhaus vom Team Jenni Energietechnik AG.
In der jüngsten Kategorie VSE – Solarmobile im Netzverbund – standen Preisgelder von über 60 000 Franken zur Verteilung. Einsitzigen Fahrzeugen standen 600 Wp, zweisitzigen Fahrzeugen 900 Wp zur Verfügung. Um das Interesse in der Westschweiz hochzuhalten, sponserte der TCS das Solarmobil Mata Hari mit der bekannten Skifahrerin Lise-Marie Gerbex-Morerod und Fahrer Daniel Wälti. Auf den Schlussrunden in Etoy gewann schliesslich das Team Mata Hari vor Christian Leu, Sunshine, und der Oskar-von-Miller-Schule aus Deutschland.

M-Prix für das alltags­tauglichste Solarmobil

Den M-Prix für das «alltagstauglichste Solarmobil» gewann von den 39 Teilnehmenden das Modell Piccolo von Bucher Leichtbau mit 94 Punkten vor Mata Hari mit 84 Punkten. 11 Solarmobile erreichten mehr als 70 Punkte, was das nun hohe Niveau der Fahrzeuge zeigte.

Erstes Solarbootrennen der Welt

Als Weltneuheit nahm die Tour de Sol 1988 ein Solarbootrennen in Estavayer-le-Lac ins Programm auf. Für die «Rennleitung» konnte Urs Muntwyler den Se­gelregattaversierten Ingenieur Bernhard Schmocker gewinnen, den er aus seiner Autophon-Zeit kannte. Schmocker meisterte diese Herausforderung prima. Die Korona, ein Boot der technischen Hochschule von Konstanz mit dem Team von Professor Schaffrin, gewann das Rennen. Das Boot ist heute im technischen Museum in Berlin ausgestellt.

Sponsoringkonzept – ­Finanzierung – Tour-de-Sol-Funktionäre

Die Tour-de-Sol-Stiftung erwies sich im Grossen und Ganzen als nicht nützlich, und so lautete das Fazit 1988: «Trotz Tour-de-Sol-Stiftung wurde eine weitere Tour de Sol erfolgreich durchgeführt». Branchenfremde Besserwisser und Möchtegernprofiteure mehrten sich.

www.sses.ch

Solar-Innovationen der Tour de Sol 1988

  • Die erste Tagung «Solarmobile im Alltag» fand in Solothurn mit über 600 Teilnehmenden statt.
  • Erstmals gab es eine kleine Ausstellung von Solartechnik parallel zur Tagung im Landhaus Solothurn.
  • Erste Serienfertigung von Leistungselektronik für Wechselstromantriebe bei Solarmobilen
  • Erste Serienfertigung von Wechselstrommotoren für Solarmobile
  • Über 20 netzgekoppelte dezentrale PV-Anlagen waren installiert, damit war die Schweiz führend.
  • Die Anteile an dezentralen netz­gekoppelten PV-Anlagen werden handelbar.
  • Der Verband Schweizerischer Elektrizitätswerke VSE erlässt eine vorbildliche Empfehlung für den Anschluss netzgekoppelter PV-Anlagen.
  • Präsentation des Projektes «PV-Anlage auf Autobahnlärmschutzwand» der TNC AG
  • Bau der ersten «Solar-Park+Ride»-Anlage am Bahnhof Liestal
  • Konstruktion von Solarbooten für das Tour-de-Sol-Bootsrennen
  • Serienbau von Solarbooten in der Schweiz
  • Verschiedene Kantone subventionieren den Einsatz von Solarmobilen und Leichtelektromobilen.
  • Die Ingenieurschule Biel baut die erste Elektro-Rikscha für Indien.
  • Erstmals waren 200 Solarmobile in der Schweiz im Alltagseinsatz.