
Die Rotoren von Windkraftanlagen können für Fledermäuse zur Gefahr werden. Im Rahmen eines vom BFE unterstützten Forschungsprojekts wurde ein Detektionssystem auf der Grundlage von Infrarotkameras entwickelt. Dieses erkennt und verfolgt die nachtaktiven Tiere mit hoher Zuverlässigkeit. Gestützt auf das Tracking können Betreiber von Windkraftanlagen Schutzmassnahmen ergreifen.
Text: Benedikt Vogel
Die Produktion erneuerbarer Energie und der Schutz von Fauna und Flora lassen sich nicht immer unter einen Hut bringen. Stehen die beiden Anliegen gegeneinander, gehen mitunter die Emotionen hoch. Umso wichtiger sind Lösungen, die gute Kompromisse ermöglichen. In einem Spannungsfeld stehen auch Windkraftanlagen und Fledermäuse. Windkraftanlagen stellen wie andere Energieerzeugungsanlagen einen Eingriff in die Natur dar, indem sie beispielsweise die Jagdgebiete von Fledermäusen beeinträchtigen. Auch können die Anlagen für die Tiere direkt zur Gefahr werden, wenn diese mit einem Rotor kollidieren.
Bisherige Beobachtungen zeigen, dass das Gefahrenpotenzial differenziert beurteilt werden muss: Kollisionen passieren nicht in jedem Windpark, und selbst innerhalb eines Windparks sind die einzelnen Windkraftanlagen mitunter sehr unterschiedlich stark betroffen. «Daher ist es wichtig, jene Windräder zu identifizieren, bei denen Probleme wirklich auftreten, und für sie eine Lösung zu finden», sagt Valère Martin, Inhaber der Firma Swiss Wildlife Company (La Chaux-de-Fonds), die sich auf die Entwicklung von technischen Systemen zum Schutz von Vögeln und Fledermäusen spezialisiert hat.
Monitoring im Betrieb
Wer heute in der Schweiz eine Windkraftanlage errichten will, muss eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) vorlegen, die unter anderem dem Schutz der Fledermäuse Rechnung trägt. Allerdings zeigen die Erfahrungen, dass mit einer UVP nicht ausgeschlossen werden kann, dass nach Inbetriebnahme Fledermauskollisionen auftreten, wie Valère Martin sagt: «Es kann sein, dass Windräder Insekten anlocken, von denen sich Fledermäuse ernähren, und das zieht die Tiere an. Das muss aber nicht sein; in manchen Fällen sind nach dem Bau auch gar keine Fledermäuse unterwegs. Stellt man Kollisionen fest, können Gegenmassnahmen ergriffen und die Windräder in den Gefahrenzeiten abgestellt werden.»
Um Fledermauskollisionen während des Betriebs einer Windkraftanlage festzustellen, wird bisher im Bereich der Anlage nach toten Tieren gesucht. Diese Methode ist indes nicht zuverlässig, weil nicht gewährleistet ist, dass alle Kadaver gefunden werden. Zudem ist sie mit erheblichem Aufwand verbunden, da über einen längeren Zeitraum gesucht werden muss, wenn aussagekräftige Ergebnisse erzielt werden sollen.
Detektion mit Infrarotstrahlung
Im Rahmen eines vom BFE unterstützten Forschungsprojekts wurde nun nach einer alternativen Methode gesucht, um Fledermäuse im Umfeld von bestehenden Windkraftanlagen zu detektieren. Federführend war Valère Martin, Unterstützung leisteten Forscherinnen und Forscher der Fachhochschule für Wirtschaft und Ingenieurwissenschaften des Kantons Waadt (HEIG-VD) in Yverdon-les-Bains.
Das neu entwickelte Detektionssystem besteht aus mehreren Komponenten. Im ersten Schritt spürt ein Wärmedetektor Fledermäuse auf, die sich im Umfeld des Windrades bewegen. Sobald ein Tier entdeckt wird, wird eine thermische Kamera zugeschaltet, die 150 bis 200 Meter vom Windrad entfernt aufgestellt ist. Die Wärmebildkamera hat die Aufgabe, die Flugbahn der entdeckten Fledermaus zu verfolgen. Damit sie das Tier zuverlässig «tracken» kann, muss sie seiner schnellen Flugbewegung folgen. Man kann sich diese Nachverfolgung wie einen Scheinwerferkegel mit einem Durchmesser von 10 bis 30 Metern vorstellen; allerdings sendet die Kamera kein sichtbares Licht aus, sondern registriert die Wärmestrahlung (Infrarotstrahlung) des Tieres. Die Kamerabewegung erfolgt durch zwei Motoren, deren Steuerung an der HEIG-VD entwickelt wurde. Dank der Nachverfolgung lässt sich feststellen, ob die Fledermaus wieder vom Windrad weggeflogen oder mit dem Rotor kollidiert ist.

Analyse der Flugbahn
Um die Zuverlässigkeit der Erkennung (Abgrenzung gegen Vögel und atmosphärische Artefakte wie beispielsweise Wolken) sicherzustellen, wird die Fledermausdetektion in der Trackingphase temporär durch eine zweite, ebenfalls von zwei Motoren bewegte Wärmebildkamera unterstützt. Diese arbeitet in einem anderen Frequenzbereich und nutzt ein Beleuchtungssystem im Infrarotbereich. Sie verbessert die Detektion bei ungünstigen Wetterverhältnissen (z. B. hoher Luftfeuchtigkeit). Die von beiden Kameras aufgezeichneten Flugdaten enthalten nicht nur Informationen über allfällige Kollisionen. Aus ihnen können Fachpersonen zum Beispiel auch ableiten, ob es sich um eine Fledermaus oder einen Vogel handelt. In der praktischen Anwendung arbeitet das Detektionssystem vollautomatisch und kann rund um die Uhr eingesetzt werden.
Das System wurde von September bis Ende Oktober 2024 an einem Ort mit einer Fledermauspopulation (aber ohne Windrad) getestet. Die Bilanz von Valère Martin: «Das System funktioniert sehr gut und erkennt die Fledermäuse zuverlässig. Das gilt dank der zweiten Kamera auch bei nebligem Wetter.» Das System wurde für kurze Zeit zusätzlich bei einem Windpark eingesetzt. Dort wurden keine Fledermäuse gesichtet. Eine Validierung des Systems ist in Planung. Dabei sollen die Trackingdaten und die beobachteten Kollisionen mit dem Befund einer Kadaversuche kombiniert werden.
Auch Vögel werden erkannt

Das Detektionssystem liegt bisher als Prototyp vor. Vor der Herstellung eines kommerziellen Geräts muss geprüft werden, ob die Algorithmen unter allen atmosphärischen Bedingungen wie erwartet funktionieren. Zudem soll ein Modell entwickelt werden, das den Betreibern des Detektionsgeräts abhängig von den aktuellen Wetterverhältnissen sagt, wie nahe an der Windkraftanlage die Infrarotkameras positioniert werden sollen. Auch muss das Detektionssystem für den Einsatz im Feld noch robuster ausgelegt werden. Valère Martin plant, Betreibern von Windkraftanlagen mit dem Detektionssystem eine Dienstleistung anzubieten. Das System wurde für die Erkennung von Fledermäusen entwickelt, kann aber auch Vögel detektieren und hat somit ein breites Einsatzgebiet.
Auskünfte erteilt Katja Maus (katja.maus@bfe.admin.ch), Leiterin des BFE-Forschungsprogramms Windenergie.
Weitere Fachbeiträge über Forschungs-, Pilot-, Demonstrations- und Leuchtturmprojekte im Bereich Windenergie finden Sie unter www.bfe.admin.ch/ec-wind.