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Vorsorgeplanung für Versorgungssicherheit

Foto: Pixabay

Das UVEK hat den Bundesrat über zwei Berichte zum Thema Versorgungssicherheit im Strombereich informiert. Der Bericht der ElCom und der Swissgrid beschreibt Massnahmen, mit denen die Netz- und Versorgungssicherheit kurz- bis mittelfristig erhöht werden können. Der zweite Bericht analysiert die Auswirkungen verschiedener Zusammenarbeitsszenarien zwischen der Schweiz und der EU.

Pressedienst/Redaktion

Der Bericht der der Eidgenössischen Elektrizitätskommission (ElCom) und der Swissgrid beschreibt rund 80 mögliche Massnahmen in den Bereichen Netz, Verbrauch und Produktion. Sie decken unterschiedliche Zeithorizonte und Prioritäten ab. Wirkung und Kosten seien erst sehr grob abgeschätzt, schreibt das UVEK. Zahlreiche dieser Massnahmen betreffen Swissgrid und sind bereits in Umsetzung oder Planung. Sechs Massnahmen bezeichnet die ElCom als derzeit prioritär. Dazu gehören der geplante Abschluss von privatrechtlichen, technischen Vereinbarungen zwischen Swissgrid und den Übertragungsnetzbetreibern in der EU. Weiter geht es um den vorzeitigen Ersatz von Kuppeltransformatoren zwischen den Höchstspannungsebenen 220 und 380 kV, um die Stromflüsse besser steuern zu können, Spannungserhöhungen im Übertragungsnetz, um die Leitungskapazitäten zu steigern, eine bessere Koordination zwischen dem Übertragungsnetz und den überregionalen Netzen, die Optimierung von Unterhaltsarbeiten sowie um Anpassungen des Betriebskonzepts.

Auswirkungen der fehlenden Kooperation mit der EU im worst case

Die Problemstellungen, die sich im Hinblick auf die neuen Regeln im EU-Rechtsrahmen ab 2025 zeigen können, sind Inhalt des zweiten Berichts. Diese externe Studie analysiert die Zusammenarbeit der Schweiz und der EU im Strombereich. Im Hinblick auf die Unsicherheit über das Zustandekommen eines Stromabkommens hatten das Bundesamt für Energie (BFE) und die ElCom diese Studie Anfang 2020 beim Beratungsunternehmen Frontier Economics in Auftrag gegeben. Die Studie zeigt, dass sich die Regulierung des europäischen Strom-Binnenmarkts seit dem Verhandlungsbeginn über ein Stromabkommen im Jahr 2007 stark weiterentwickelt hat. Das tangiert auch die Schweiz, da unser Übertragungsnetz eng mit den umliegenden Ländern verbunden ist. Seit 2020 ist mit dem Clean Energy Package ein neues Regulierungspaket in Kraft. Gemäss diesem müssen ab 2025 alle europäischen Übertragungsnetzbetreiber mindestens 70% der grenzüberschreitenden Netzkapazitäten für den Stromhandel innerhalb der EU freihalten. Wie dabei die Grenzkapazitäten zu Drittstaaten wie der Schweiz berücksichtigt werden müssen, ist in der EU-Gesetzgebung nicht geregelt. Dadurch könnten die Importkapazitäten der Schweiz deutlich eingeschränkt werden. Zudem könnten die durch den Stromhandel der Nachbarländer verursachten ungeplanten Stromflüsse weiter zunehmen und so die Netzstabilität in der Schweiz gefährden.

Die Studie untersucht anhand von drei unterschiedlich engen Zusammenarbeitsszenarien die Netzsicherheit und die Versorgungssicherheit der Schweiz im Jahr 2025, also in dem Jahr, in dem die EU die 70%-Regel vollständig umgesetzt haben will. Allen drei Szenarien liegt die Annahme eines worst case zugrunde. Es wird von einer Stresssituation ausgegangen, in der die Grenzkapazitäten mit den Nachbarländern um teilweise über 70% reduziert sind und die beiden Reaktorblöcke Beznau I+II sowie ein Drittel der französischen Kernkraftwerke nicht verfügbar sind.

  1. Im ersten Szenario gibt es keine Kooperation. Die Nachbarländer halten die 70%-Regel ein, indem sie die Übertragungskapazität zur und von der Schweiz einschränken. Im Normalfall ist die Netz- und Versorgungssicherheit zwar gewährleistet. In dem für die Studie definierten worst case wird die Situation gegen Ende März jedoch kritisch: Während 47 Stunden könnte dann der inländische Strombedarf nicht mehr gedeckt werden.
  2. Im zweiten Szenario schliesst Swissgrid technische Vereinbarungen mit den europäischen Übertragungsnetzbetreibern ab. Diese bezwecken, dass die Schweiz bei der Umsetzung der 70%-Regel an ihren Grenzen zu Norditalien, Frankreich, Deutschland und Österreich berücksichtigt wird. In diesem Szenario kann der worst case sicher bewältigt werden. In der Schweiz steht jederzeit genügend Energie zur Verfügung. Ob diese Vereinbarungen rechtzeitig realisiert werden können, ist allerdings noch unklar.
  3. Im dritten Szenario kommt das Stromabkommen zustande und garantiert der Schweiz die Teilnahme am EU-Strombinnenmarkt. Der worst case kann in diesem Szenario am sichersten bewältigt werden.

Weiteres Vorgehen

Auf der Basis der beiden vorliegenden Berichte wird der Bundesrat die Massnahmen zur Stärkung der Versorgungssicherheit und der Netzstabilität vertieft prüfen und nach einer Aussprache bei Bedarf die entsprechenden zusätzlichen Aufträge erteilen. Der Bundesrat hat die ElCom bereits eingeladen, bis November dieses Jahres ein «Konzept Spitzenlast-Gaskraftwerk» auszuarbeiten. Weiter wird das UVEK dem Bundesrat bis Ende Jahr eine Analyse des Stromeffizienz-Potenzials bis 2025 vorlegen.