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Elektromobilität in der Landwirtschaft auf dem Vormarsch

Guido Winterberg mit dem elektrifizierten Metrac. Die Batterie speichert 40 kWh. Fotos: Erushof und Paul Müri

Landwirte werden selber aktiv und rüsten Traktoren auf Elektrobetrieb um. So zum Beispiel auf dem Erushof, einem Biobetrieb im aargauischen Bettwil, wo man auf Elektromobilität setzt.

Paul Müri, Gränichen

Arbeitsgruppe gebildet zum Ersatz fossiler Treibstoffe in der Landwirtschaft

Auf dem Erushof trafen sich am 25. Februar mehrere Biolandwirte, Gertrud Häseli und Hansjörg Furter. Getrud Häseli ist auch Biobäuerin, Vertreterin von Bio Aargau und grüne Grossrätin. Hansjörg Furter ist Liebegger Landtechnik-Fachmann. Dabei war mit Paul Müri auch die SSES, Schweiz. Vereinigung für Sonnenenergie, Regionalgruppe Aargau. Ziel der Arbeitsgruppe ist es, den CO2-Ausstoss auf Landwirtschaftsbetrieben zu vermindern, den Bau von PV-Anlagen und die Eigenstromverwendung zu fördern und allgemein den Wissenstransfer zur Energiewende unter den Landwirten zu verstärken. Bio Suisse, Bio Aargau und das Landw. Zentrum Liebegg unterstützen diese Anliegen. Im Spätsommer soll an der Liebegg ein Anlass zu diesen Themen stattfinden.

Den Wenigsten unter uns dürfte bekannt sein, dass der erste «Porsche» ein Auto mit Elektroantrieb war. Konstrukteur Ferdinand Porsche stellte den Lohner-Porsche 1900 an der Pariser Weltausstellung vor, 2 Radnabenmotoren verhalfen zu einem Tempo von 37 km/h. Der Wiener Kutschenhersteller Lohner gab als Grund für die Entwicklung an: Die Luft werde von den «in großer Anzahl auftretenden Benzinmotoren erbarmungslos verdorben».

Dies ist auch heute noch ein Argument für die Verbreitung der Elektromobilität in Städten und in geschlossenen Räumen. Ein Hindernis für die weitere Verbreitung waren jedoch die schweren und wenig leistungsfähigen Batterien, dies trotz dem effizienteren Wirkungsgrad als bei Verbrennungsmotoren. Relativ schwer sind auch die modernen Batterien immer noch, aber die Diskussionen wegen dem Klimawandel führen zu einem Umdenken. Der Anteil von batteriebetriebenen Elektroautos steigt rasant, kein Autohersteller kann es sich leisten, den Trend zu verschlafen.

Und die Elektromobilität in der Landwirtschaft?

Auch in der Landwirtschaft bewegt sich etwas. Seit der Einführung der KEV im Jahre 2009 (Kostendeckende Einspeisevergütung) haben viele Bauern ihre grossen Dächer mit Photovoltaik-Panels bedeckt. Landwirtschaftsbetriebe verbrauchen immer mehr elektrische Energie im Hofbereich (Technik für die Futterein- und Auslagerung, Fütterung, Melken, Entmistung usw.). Daher erscheint es nur logisch, den selbstproduzierten Strom auch für den Betrieb von Traktoren und Maschinen zu verwenden.

Der Erushof mit der PV-Anlage mit 404 kW Maximalleistung.

Bisher hielten sich jedoch die Traktorenhersteller diesbezüglich mit Neuerungen zurück, bis auf einige Versuchsmodelle. Grund dafür dürften wie erwähnt das Gewicht und noch zu geringe Kapazität der Batterien sein, ebenso deren lange Ladedauer. Zudem sind die Anschaffungskosten zudem deutlich höher als bei herkömmlichen Antrieben, obwohl die Wartungskosten wesentlich günstiger sind.

Die Antriebseinheit des
elektrifizierten Metrac.

Diese Gründe aber halten innovative Landwirte aber nicht davon ab, selber aktiv zu werden. So wurden etwa Einachser schon verschiedentlich auf batterie-elektrischen Antrieb umgerüstet. Einer dieser Pioniere ist Guido Winterberg. Der 62-Jährige bewirtschaftet mit seiner Familie den Erushof, einen Biobetrieb im aargauischen Bettwil. Getreu dem Bio-Grundgedanken befasste sich Guido schon länger damit, auch die Energieproduktion und den Verbrauch umweltgerecht zu gestalten. Für ihn ist klar, dass die Technik einen wesentlichen Beitrag zur Energie- und Klimawende beitragen kann. Von der Idee zur Tat: Nebst der PV-Anlage werken nun auch Elektrotraktoren auf dem Erushof! Winterberg hofft, dass dereinst auf dem windreichen Lindenberg auch ein Windkraftanlage zu stehen kommt.

Elektrifizierter Betrieb auf dem Erushof

Der Betrieb auf dem Lindenberg umfasst 23 ha LN mit 6.5 ha OA (Getreide, Hirse, Lein). Es werden 13 Mutterkühe und 20 – 23 Pensionspferde gehalten. Eine Besenbeiz bietet Platz für 40 Personen. Im Dezember 2012 wurde die erste PV-Anlage mit viel Eigenleistung erstellt und bis auf heutige 404 kW (!) erweitert. Die Anlage ist KEV berechtigt und liefert etwa 400’000 kWh pro Jahr.

Der elektrifizierte Metrac im Einsatz.

Nebst dem Betriebsleiter arbeiten Sohn Ramon (Ökonom und in Ausbildung als Agronom an der ETH) und die Schwiegertochter Bettina (in Zweitausbildung zur Landwirtin) auf dem Hof mit. 2017/18 wurde der heute 31-jährige Zweiachsmäher Reform 3003 S zusammen mit der Landtechnik-Firma Wepfer auf Elektroantrieb umgebaut. Mit diesem Fahrzeug kann Winterberg während mehreren Stunden ohne Aufladen leichtere Arbeiten, wie Mähen, Zetten, Schwaden, Walzen, Gülle Verteilen und Hoftransporte durchführen.

Seit 2017 ist zudem mit dem Hoflader Weidemann 1160 eHoftrac schon ein E-Fahrzeug auf den Hof (heute bieten die meisten Hoflader-Hersteller solche elektrischen Modelle an). Winterberg schätzt, dass er pro Jahr mit den beiden Fahrzeugen pro Jahr immerhin 600 – 800 Liter Diesel einspart. Kein Wunder sind bei Winterbergs auch ein E-Golf und ein E-Roller vorhanden. www.erushof.ch

Der neue Weidemann 1160 eHoftrac.