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Fataler Entscheid gegen den Klimaschutz

Foto: Beat Kohler

Der Nationalrat hat gestern und heute das CO2-Gesetz beraten. Zur Halbzeit der Beratungen zeigt sich, dass das Gesetz gegenüber dem Vorschlag des Bundesrates sogar abgeschwächt wird. Der Ständerat muss korrigieren und die Klimapolitik wieder auf Kurs bringen, fordert die Schweizerische Energiestiftung SES. Auch der WWF ist sehr unzufrieden.

Pressedienst

Der Nationalrat hat beschlossen, wie vom Bundesrat vorgeschlagen, die Treibhausgasemissionen der Schweiz bis 2030 um 50 Prozent unter das Niveau von 1990 zu senken. Anders als der Bundesrat möchte er aber kein Inland-Ziel festlegen. Die Reduktion kann vollumfänglich durch den Kauf von Emissionszertifikaten im Ausland erfolgen. Auslandzertifikate können ein Inlandziel aber nicht ersetzen, oft sind sie gänzlich wirkungslos. SES-Projektleiter Florian Brunner meint: «Die Schweiz muss mit eigenen Reduktionen einen Beitrag leisten. Das CO2-Gesetz wird durch diesen Entscheid nicht nur verwässert, es verliert sogar seinen eigentlichen Zweck.»

Atom- und Gasstrom durch die Hintertüre

Mit 99 zu 91 Stimmen wurde bei Art. 16 «CO2-vermindernde Faktoren bei Neuwagenflotten durch den Einsatz von synthetischen Treibstoffen» ein Vorschlag der vorberatenden Kommission angenommen. Demnach soll die Herstellung synthetischer Treibstoffe mittels Strom aus CO2-armer Produktion bei der Berechnung der CO2-Emissionen der Neuwagenflotte berücksichtigt werden. Der Bundesrat wollte Strom aus erneuerbaren Energien vorschreiben. «CO2-armer» Strom ist aber gleichzusetzen mit Atomstrom oder Strom aus Gaskraftwerken. Das torpediert den Atomausstieg und den Ausstieg aus den fossilen Energieträgern frontal. Der Zusammenschluss des Schweizer Emissionshandels mit dem EU-Emissionshandel schwächt den Kilmaschutz in der Schweiz. Eine Klimaverträglichkeits-Prüfung lehnt der Nationalrat genauso ab wie die vom Volk beschlossenen Regeln für effizientere Fahrzeuge. Und schliesslich streicht der Nationalrat auch noch alle Qualitätskriterien für Zertifikate und Klimaschutz-Massnahmen im Ausland. Mit dem milliardenteuren Einkauf von ausländischen Klimazertifikaten soll die Schweiz bloss heisse Luft produzieren statt das Klima schützen. «Damit ist jede Glaubwürdigkeit verloren», sagt Patrick Hofstetter, Leiter Klima und Energie beim WWF Schweiz.

 

Geht es nach dem Nationalrat, setzt die Schweiz auch künftig auf Erdöl, Kohle und Erdgas. Die EU will wie im Pariser Klimaabkommen vorgesehen bis in 30 Jahren komplett aus diesen fossilen Energieträger aussteigen, der Nationalrat will überhaupt kein Ziel für die Schweiz. Damit werden milliardenschwere Fehlinvestitionen in Industrie und Haushalten folgen, Steuerzahler werden später für teuren vorzeitigen Rückbau, Anpassungskosten an den Klimawandel und Schadenskompensation bezahlen müssen. «Der Nationalrat steckt den Kopf in den Sand», so Patrick Hofstetter. «Die Ratsmehrheit ignoriert die Gefahren eines ungebremsten Klimawandels genauso wie die Chancen eines raschen Ausstiegs aus den fossilen Energien.»