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Die Lösung liegt in der Luft – der Druckluft

Eine innovative Firma aus Bayern (D) will den Speichermarkt mit einem neu entwickelten System auf Basis einer alten Technologie revolutionieren. Sie hat ein Gerät entwickelt, das Luft ohne zu überhitzen oder zu vereisen verdichten und entspannen kann. Damit kann Energie mittels Druckluft sehr günstig auch saisonal gespeichert werden. Noch fehlen allerdings potente Investoren, um das Gerät auf den Markt zu bringen.

Text: Beat Kohler

Die letzten beiden Jahre bezeichnet Georg Tränkl, Geschäftsführer der Firma 2-4-Energy, als Spiessrutenlauf. Der Auslöser dafür: Die Speicherung von Druckluft ist an sich eine seit zwei Jahrhunderten bekannte Technologie. Die Kernprobleme sind seit Langem bekannt: Bei der Verdichtung der Umgebungsluft kommt es zu einer Erhitzung und bei der Entspannung zu einer Abkühlung. Das macht es notwendig, dem Prozess bei der Entspannung der Luft Wärme zuzuführen – so zumindest die bisherige Lehrmeinung. Wenn sich nun ein Entwickler, der sein Gerät mit seiner kleinen Firma im Alleingang gebaut hat, sagt, er habe dieses Problem gelöst und könne ohne zusätzliche Wärmezufuhr bei der Entspannung der Luft Energie gewinnen, dann löst das Skepsis aus. Diese sorgt dafür, dass es schwierig ist, die notwendigen finanziellen Mittel einerseits für eine Serienproduktion, anderseits auch für die Weiterentwicklung zu finden. Dass sein Druckluftspeichersystem funktioniert, davon ist Georg Tränkl aber restlos überzeugt.

Prinzip ist bekannt

Energie lässt sich mittels Druckluft speichern. Das Prinzip ist einfach zu verstehen: Elektrische Energie, die nicht direkt gebraucht wird – zum Beispiel aus Photovoltaikanlagen –, treibt einen Motor an. Damit wird ein Kompressor angetrieben, der Umgebungsluft ansaugt. Bei der Verdichtung dieser Luft steigen deren Druck und Temperatur an. Wenn Energie benötigt wird, kann nach der klassischen Vorstellung die komprimierte Luft durch eine Turbine geleitet werden, die einen Generator antreibt. Die Luft kühlt sich dabei ab. Den Generator anzutreiben, funktioniert bei einem höheren Druckunterschied besser. Doch je grösser die Druckdifferenz ist, umso mehr Wärme und Kälte entsteht auch. Wie der Bericht zum NFP-70-Verbundprojekt «Stromspeicherung über adiabatische Luftkompression» aufzeigt, wollte man diese Problematik in der Forschung bisher angehen, indem auch die beim Verdichten produzierte Wärme gespeichert wird. Diese soll genutzt werden, um die Turbinen bei der Entspannung der Luft vor Vereisung zu schützen. Gemäss dem NFP-Projekt lässt sich dadurch ein Wirkungsgrad von 65 bis 75% erreichen. Der Nachteil ist, dass dies grosstechnische und sehr teure Anlagen wären, für die der Kompressor und die Turbine aus teuren Hochtemperaturmaterialien gefertigt werden müssten. Bereits seit den 1970er-Jahren gibt es in Deutschland und den USA je eine grosse Druckluftspeicheranlage. Diese lösen das Problem der entstehenden Vereisung damit, dass sie die Turbinen mit fossilen Brennstoffen erwärmen. Das vermindert nicht nur den Gesamtwirkungsgrad der Anlage deutlich, sondern ist auch ungeeignet, um CO2-Ausstoss zu vermeiden. Der Wirkungsgrad des deutschen Druckluftspeicherkraftwerks in Huntorf liegt insgesamt nur bei 42%. Mehr als die Hälfte des Stroms geht bei seiner Speicherung also verloren, ebenso die CO2-Neutralität.

Lösung für das Kernproblem

Mit seiner Firma 2-4-Energy UG hat Georg Tränkl das Projekt «Hydraulisch-Pneumatischer Energiespeicher mit Druckluft» realisiert (Wir haben berichtet). Die Probleme mit der massiven Erhitzung bei der Verdichtung und der Vereisung bei der Entspannung hat er gelöst, ohne dass teure Materialien zum Einsatz kommen müssen und ohne dass er extern Energie zuführen muss. Der Prototyp sei nun mehrere Hundert Stunden ohne Ausfälle im Einsatz gestanden. Bei der Entspannung der verdichteten Luft zur Stromproduktion sei es nie zu Vereisungen gekommen, erklärt der Erfinder. Damit man nicht nur auf sein Wort vertrauen muss, hat er seinen Druckluft-Speicher auch von der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg (OTH) erforschen lassen. Diese hat auch schon einen Bericht über sein System ­verfasst, und Studierende forschen mit Modellierungen weiter am Druckluftspeicher. «Die Anlage ist so de­signt, dass eine Vorwärmung der Druckluft vor dem Entspannen nicht mehr nötig ist», hält der Bericht fest. Dadurch werde der grosse Nachteil der Notwendigkeit von fossilen Brennstoffen umgangen. Der Prototyp hat gemäss Tränkl einen Raumbedarf von 5 × 2,5 Metern auf einer maximalen Höhe von 2,5 Metern. Er hat eine Leistung von zirka 5,5 kW. Diese Leistung kann bei Bedarf erhöht werden durch die Veränderung der Zylinderanzahl und durch die Vergrösserung der Zylinderhubräume. Mit dieser Grösse eigne er sich «als dezentraler und saisonaler Energiespeicher für kleinere Anwendungszwecke», schreibt die OTH.

Teile vom Gestell

«Der zentrale Punkt ist, dass sich die Temperatur der Luft oder eines anderen Gases bei der Verdichtung maximal um 20 °Celsius verändert», erklärt Tränkl. Dies erreicht der Erfinder durch ein mehrstufiges hydraulisch-pneumatisches System. Dieses sorgt bei der Entspannung dafür, dass es nicht zu einer kritischen Abkühlung kommt. Tränkl hat seine neue Technologie beim europäischen Patentamt mit ins­gesamt 47 Ansprüchen angemeldet. Die Überprüfung habe ergeben, dass alle seine Ideen so noch nirgends zum Patent angemeldet worden sind. Dem Erfinder war es vor allem wichtig, die Neuartigkeit seines Speichersystems zu belegen, auch wenn die Patentierung noch Jahre dauern dürfte. Noch ausstehend ist die Überprüfung der Anlage durch den TÜV. Ein wesentlicher Vorteil seiner Apparatur ist die Einfachheit: «95% der Teile, aus der die Anlage gebaut ist, kann man einfach vom Gestell nehmen», erklärt Tränkl. Das hat auch massive finanzielle Vorteile, weil diese Teile von der Stange wesentlich günstiger sind als speziell angefertigte Teile. «Unser System hat zwar nur einen elektrischen Wirkungsgrad von rund 40%, dafür liegen die Speicherkosten lediglich bei 0,6 Rp./kWh», so Tränkl. Zusätzlich biete es die Möglichkeit der Sektorenkopplung für Wärme und Kälte. Zwar räumt er ein, dass beispielsweise Lithiumspeicher einen viel höheren elektrischen Wirkungsgrad haben, dafür aber sehr teuer sind. Im Moment kostet die Kilowattstunde gespeicherter Strom aus Lithiumspeichern bei einer optimistischen Betrachtung um die 25 Rappen. Zudem hat die Apparatur gegenüber einer Batterie zusätzlich die gleichen Vorteile, die auch die grossen Druckluftspeicher haben – eine saisonale Speicherung ist möglich.

Grosser Partner ist gesucht

Als Investor bei der Entwicklung des Prototyps beteiligt war der Schweizer Peter Schiess, der grosses Interesse an der Idee von Tränkl hatte. Nun suchen die beiden gemeinsam nach einem potenten Partner, um das System zur Serien- und Marktreife zu bringen. «Die Nachfrage ist bereits jetzt enorm», stellt Tränkl fest. Er habe ständig Anfragen. Diese kamen bisher vor allem aus dem deutschsprachigen Raum, wo der Erfinder auch aktiv sein will. Dennoch ist es bisher nicht gelungen, einen potenten und verlässlichen Investor zu finden. Tränkl und Schiess sind in erster Linie auf der Suche nach einem grossen Industriepartner. «Am liebsten wäre uns eine gros­se Firma, die Kenntnisse in der Hydraulik und Pneumatik mitbringt», so Schiess. Das habe auch mit der Suche nach Fördergeldern zu tun, die in Deutschland nicht an Start-ups, sondern nur an gestandene Firmen vergeben würden. Schiess geht davon aus, dass ein Partner rund fünf Millionen Franken investieren müsste, um den Druckluft-Speicher zur Marktreife zu bringen. Verhandlungen mit verschiedenen Interessenten sind zum Teil schon recht weit fortgeschritten, scheiterten aber schlussendlich. Schiess ist trotz negativen Erfahrungen überzeugt, den richtigen Partner noch zu finden.

Die Entwicklung geht weiter

Die Entwicklung bleibe trotz dem bisherigen Ausbleiben eines grossen Investors nicht stehen, erklärt Schiess. So soll in einem weiteren Schritt die Wärmeübertragung bei Zylindern und Kolben optimiert werden, um die Temperaturführung bei der Verdichtung noch konstanter zu machen. Gleichzeitig soll diese Wärme auch nutzbar sein. «Das Ziel ist eine möglichst leistungsfähige Gesamtanlage», erklärt Schiess. Die 35%, die als Wärme anfallen, sollen ebenfalls genutzt werden. Optimieren lässt sich die Ausbeute auch bei der Entspannung der Luft. «Im Moment kommt die Luft hinten noch mit einem Druck von zwei Bar heraus. Diese Energie wollen wir auch noch nutzen», so Schiess. Die Motivation der beiden ist ungebrochen. «Ich bin sicher, dass es gut kommt und dass wir unseren Speicher auf den Markt bringen», ist Georg Tränkl trotz allen Widerständen und Widrigkeiten überzeugt.

www.druckluftspeicher.net